Der große Weggang – warum verlassen so viele Mitarbeitende das Unternehmen und was muss die Führung jetzt tun?
Die Masken sind gefallen und es scheint so als verschwindet Corona immer mehr aus unserem Alltagsbewusstsein. Überlagert durch andere Ereignisse und aufgrund des «Gewöhnungsfaktors» scheint die Pandemie, zumindest vorerst, im Griff. Auch Unternehmen streben wieder Vor-Corona-Bedingungen an. Sie versuchen die Mitarbeitenden zurück an den Büroarbeitsplatz zu holen und wollen ein «back to normal». In den meisten Fällen gelingt das allerdings nicht. Im Gegenteil: In den vergangenen 12 Monaten kündigte eine nie dagewesen Anzahl an Mitarbeitenden ihren Job.
Die hohe Fluktuation und die vermehrte Bereitschaft für einen Jobwechsel der Mitarbeitenden kostet Unternehmen in der Konsequenz Geld, Zeit und Energie. Dennoch wird das Problem vielerorts ignoriert oder verdrängt und Unternehmen fällt es schwer, konkret etwas dagegen zu unternehmen. Gemäss einer breit angelegten Studie von McKinsey[1] wird sich in diesem Punkt auch nicht viel ändern – der banale Grund: Führungskräfte verstehen nicht, warum ihre Mitarbeitenden das Unternehmen verlassen.
Schnelllösungen statt Ursachenforschung
Anstatt gezielt die Ursachen der Fluktuation zu erforschen, greifen viele Führungskräfte zu gut gemeinten Schnelllösungen, die aber nicht nachhaltig helfen. Gehälter werden erhöht, finanzielle Vergünstigungen geboten, Dankeschön-Prämien bezahlt. Doch all dies hält die Mitarbeitenden nicht im Unternehmen. Was fehlt ist ein gezieltes Arbeiten daran, die Bindung der Mitarbeitenden zu ihren Kollegen und ihrem Arbeitgeber zu stärken. Anstatt echte Wertschätzung zu erfahren, spüren die Mitarbeitenden in erster Linie eine Transaktion. Diese transaktionale Beziehung erinnert sie aber auch daran, dass ihre wahren Bedürfnisse nicht erfüllt werden. Wenn uns die letzten 2 Jahre etwas gelehrt haben, dann dass sich Mitarbeitende nach Investitionen in die «menschlichen Aspekte» der Arbeit sehnen. Insbesondere die ohnehin schon wechselbereiteren jungen Generationen wollen mehr als nur Geld: Sie möchten Sinn, Wertschätzung und Verbundenheit.
Sinn und Wertschätzung vor Geld
Viele Mitarbeitende sind erschöpft und vermissen die Art der Zusammenarbeit aus der Vor-Covid-Zeit. Sie wünschen sich, die Sinnhaftigkeit ihrer Arbeit neu entdecken zu dürfen. Sie möchten wieder mehr soziale und zwischenmenschliche Beziehungen zu ihren Kollegen und Vorgesetzten. Sie sehnen sich ein Gefühl der gemeinsamen Identität herbei. Natürlich wollen Mitarbeitende auch Gehalt, Sozialleistungen und Vergünstigungen – seit jeher die klassischen Hygienefaktoren. Diese verhindern aber lediglich die Entstehung von Unzufriedenheit und tragen nicht zu nachhaltiger Zufriedenheit bei (Der Unterschied hiervon wird im Herzberg-Modell[2] deutlich gemacht). Allen voran wollen Mitarbeitende sich von ihrer Organisation und ihrer Führungskraft wertgeschätzt fühlen. Sie wollen spüren, dass ihr Beitrag wichtig ist und bedeutungsvolle Gespräche – ob virtuell oder von Angesicht zu Angesicht – führen, statt nur mit Transaktionen abgespeist werden.
Die Fluktuation ist da – mit allen Folgen
Wenn Unternehmen nicht verstehen, wovor und warum ihre Mitarbeitenden fliehen und wohin sie sich wenden, setzen sie ihr eigenes Geschäft aufs Spiel. Viele Arbeitgeber gehen ähnlich mit der Fluktuations-Situation um und werden damit den neuen Anforderungen der Mitarbeitenden an erfüllende Beziehungen, Autonomie und Flexibilität am Arbeitsplatz nicht gerecht. Aufgrund dessen entscheiden sich einige ganz bewusst dafür, aus den traditionellen Formen der Vollzeitbeschäftigung auszusteigen und andere Wege zu gehen, ob nun bei einem neuen Arbeitgeber oder in der Selbstständigkeit. Die Quintessenz: Die ungewollte Fluktuation findet statt, ist weit verbreitet und wird anhalten – wenn nicht sogar beschleunigt – und viele Unternehmen verstehen nicht, was wirklich vor sich geht, trotz ihrer Bemühungen, die Mitarbeitenden zu halten.
Wie Sie sich einen Vorteil verschaffen
Wenn Führungskräfte sich ehrlich und aufrichtig darum bemühen, die Gründe für das Ausscheiden von Mitarbeitenden besser zu verstehen und sinnvolle Maßnahmen zu ergreifen, um sie an das Unternehmen zu binden, kann man, anstatt ungewollt Menschen zu verlieren, sogar neue Mitarbeitende anziehen. Indem Führungskräfte diesen einzigartigen Moment nutzen, verschaffen sie sich einen Vorteil im Rennen um die Talente, die sie brauchen, um eine florierende Postpandemie-Organisation aufzubauen.
Der Weg dorthin ist nicht einfach, denn Unternehmen und Führungskräfte müssen lernen, ihre Mitarbeitenden wirklich zu verstehen. Das setzt voraus, dass Führungskräfte ein besseres Einfühlungsvermögen entwickeln und verstehen, was die Mitarbeitenden durchmachen, wie sie sich fühlen und was sie sich wünschen. Doch das Wissen allein reicht nicht aus, es gilt im Anschluss auch mit Entschlossenheit zu handeln. Nur dann können Arbeitgeber die Wünsche und Bedürfnisse ihrer Mitarbeitenden befriedigen und ihnen die Flexibilität, Sinnstiftung und das Gefühl der Zusammengehörigkeit bieten, nach dem sie sich sehnen.
Dies bedingt, dass viele Führungskräfte ihr bisheriges Führungsverhalten neu überdenken. Über dieses Thema sprechen wir nächsten Blogbeitrag.
Mich interessiert, wie es derzeit bei Ihnen im Unternehmen aussieht – herrscht eine hohe Fluktuation oder fühlen sich Ihre Mitarbeitenden mit Ihnen verbunden? Lassen Sie uns hierzu in den Austausch gehen. Vernetzten Sie sich gerne mit mir auf LinkedIn oder lassen Sie uns in einem gemeinsamen Gespräch darüber sprechen.
Posting-Text: Die #Mitarbeitenden verlassen das Unternehmen – und die #Führungskraft versteht nicht warum. Kommt Ihnen dieses Szenario bekannt vor? Oftmals wird zu Schnelllösungen gegriffen, um die Mitarbeitenden zu halten, aber ohne nachhaltige Wirkung. Jetzt gilt es, #Ursachenforschung zu betreiben und sich ernsthaft damit auseinanderzusetzen, was die Menschen im Unternehmen brauchen und wollen. Meine Gedanken dazu lesen Sie in einem neuen Blog-Beitrag – ich freue mich auf Ihre Meinung und einen gemeinsamen Austausch zum Thema.
[1] Aaron De Smet, Bonnie Dowling, Marino Mugayar-Baldocchi, and Bill Schaninger: ‘Great Attrition’ or ‘Great Attraction’? The choice is yours: aus McKinsey Quarterly, September 2021