Arbeiten, um der Arbeit willen oder um Wertschöpfung zu schaffen?
Das 2009 von Simon Sinek veröffentlichte Buch «Start with Why: How Great Leaders Inspire Everyone to Take Action» wird seitdem oft als Leitfaden zur Motivation von Mitarbeitenden jüngerer Generationen oder typischen Knowledge Workern herangezogen. Es zeigt, wie eine inspirierende Vision bzw. Mission im Unternehmen zur treibenden Kraft wird, um Mitarbeitende für sich zu gewinnen und zu grossartigen Leistungen anzuspornen. Es gibt jedoch eine zusätzliche Herausforderung, die eine der schwierigsten Aufgaben von Führungskräften darstellt.
Viele Mitarbeitende verspüren ihrem Arbeitgeber gegenüber eine psychologische Verpflichtung. Dieser liegt der Gedanke «ich bin hier angestellt, werde bezahlt und deshalb arbeite ich effizient» zugrunde. Das klingt so erst mal nicht verkehrt. Nur bedeutet effizientes Arbeiten nicht zwingend einen Mehrwert für die Organisation. Peter Drucker sagte: «Die größte Verschwendung von Unternehmensressourcen ist es, Dinge effizient zu tun, die gar nicht getan werden sollten.» Hier liegt der springende Punkt. Es geht darum, den Mehrwert und nicht das effiziente Abarbeiten von Aufgaben in den Mittelpunkt der Tätigkeit zu stellen. Führungskräfte tun sich oft schwer, die beflissene Haltung von Effizienz bei ihren Mitarbeitenden aufzubrechen.
Mehrwert im Mittelpunkt
Zu den essenziellsten Aufgaben einer Führungskraft gehört es, sicherzustellen, dass der unternehmerische Nutzen bzw. Mehrwert einer Aktivität im Mittelpunkt steht. Andernfalls wird die Aktivität erfahrungsgemäss um ihrer selbst willen dominieren. Als Führungskraft müssen Sie dafür sorgen, dass die Mitarbeitenden den Zusammenhang zwischen ihren Aktivitäten bzw. ihrer Arbeit und der Wertschöpfung für das Unternehmen erkennen. Dazu gehört es, kluge Fragen zu stellen, die Ihren Mitarbeitenden helfen, sich auf die wertschöpfenden Aktivitäten zu konzentrieren. An dieser Stelle kommt auch die Unternehmenskultur ins Spiel. Denn diese ist oftmals nicht stringent auf das Schaffen von Mehrwert bzw. wertschöpfende Aktivitäten ausgerichtet. Daher ist es umso wichtiger, ein Bewusstsein dafür zu schaffen, denn sonst werden nicht-wertschöpfende Aktivitäten überwiegen.
Eigenschaften und Nutzen
Ein guter Weg, um darüber nachzudenken, wie man blosse Aktivitäten von wertschöpfenden bzw. nutzenstiftenden Aktivitäten unterscheiden kann, ist die aus Verkaufstrainings bekannte Idee der Unterscheidung von Produkteigenschaften und Nutzen. Ich illustrierte dies kurz anhand des Beispiels eines Kaffeelöffels. Die Eigenschaften eines Kaffeelöffels sind:
- Er ist rund 15 cm lang.
- Er ist aus rostfreiem Stahl gefertigt.
- Er hat einen Griff, der sich zum eigentlichen Löffel hin verjüngt.
- Die Spitze des Löffels ist oval, seine Form konkav.
Wenn wir die Merkmale eines Löffels beschreiben, wissen wir noch lange nicht, weshalb der Löffel für uns wertvoll ist. Dies wird erst klar, wenn wir über den Nutzen des Kaffeelöffels sprechen. Einerseits ist er das perfekte Werkzeug, um ein 3-Minuten-Frühstücksei zu verzehren. Ein Frühstücksei ohne Löffel zu essen, ist ziemlich schwierig. Dies ist also ein klarer Nutzen. Ein weiterer ist, dass der Kaffeelöffel perfekt ist, um 5 Gramm Zucker in eine Tasse Kaffee zu geben. Auch kann der Kaffee mit dem Löffel, der die richtige Form und Länge hat, direkt umgerührt werden. Dieses Beispiel veranschaulicht uns den Unterschied zwischen den Merkmalen und dem Nutzen. Merkmale beschreiben, wie etwas ist, während es beim Nutzen darum geht, welche Vorteile daraus resultieren.
Warum arbeiten viele Menschen um der Arbeit willen?
Eine Frage, die sich im Zusammenhang mit wertschöpfender Arbeit ebenfalls stellt, ist, warum Menschen überhaupt den Drang verspüren, zu arbeiten. Hierfür gibt es unterschiedliche Gründe:
- Manche lieben repetitive Tätigkeiten, bei denen sie sich sicher und wohl fühlen. Es gibt ihnen ein gutes Gefühl der Vorhersehbarkeit und Beständigkeit.
- Manche fühlen sich, wenn sie viel zu tun haben, gebraucht oder sogar unentbehrlich. Solange es etwas zu tun gibt, haben sie einen Job, auch wenn die Arbeit nicht besonders aufregend ist und keinen Mehrwert schafft.
- Manche lieben es, Dinge abzuarbeiten, sie kommen wahrlich in ein Fieber des Erledigens. Je schneller und effizienter sie dies tun, umso produktiver und erfolgreicher fühlen sie sich.
- Und einige sehen in ihrer Arbeit nur ein Mittel zum Zweck, um ihr Leben zu finanzieren. Sie binden die Tätigkeiten, die sie zu tun haben, nicht in den Kontext ein und achten nicht auf den Nutzen. Sie sind nicht proaktiv, sondern führen einfach aus. Beispielsweise gibt es die Bestimmung, dass um 11 Uhr in einem Kaffee die Tische gewischt werden sollen. Nun war aber nur ein einziger Gast da. Wichtiger wäre es die Zeit zu nutzen, ein neues Getränkesortiment zusammenzustellen, das sich besser verkaufen lässt. Stattdessen werden die sauberen Tische um 11 Uhr einfach wieder geputzt.
Das Kriterium für die Zuweisung von Ressourcen zu einer Aktivität sollte der Wert sein, den diese Aktivität schafft. Jedes andere Kriterium, das erfüllt wird, sollte nur ein Nebenprodukt und nicht der Hauptgrund davon sein. Nehmen wir hierzu beispielsweise einen Mitarbeitenden, der Spass an Zahlen hat und gerne Auswertungen und Statistiken erstellt. Er investiert viel Zeit und Energie in diese Arbeit, doch am Ende wird sie von niemanden gelesen, geschweige denn etwas daraus abgeleitet, was dem Unternehmen einen Mehrwert bringt. Solche und ähnliche Tätigkeiten sind klassisch für Arbeiten, um der Arbeit willen. Selbst bei Führungskräften kann eine Arbeit, die nur einen geringen Nutzen hat, dazu beitragen, sie von den Dingen abzulenken, die sie effektiv tun sollten. Wenn Sie also stets viel zu tun haben und ständig beschäftigt sind, kann Ihnen dies helfen, die anspruchsvollen Führungstätigkeiten zu vermeiden, die Sie nicht gerne tun.
Verhaltensänderungen einer Führungskraft müssen darauf ausgerichtet sein, einen (zusätzlichen) Mehrwert für die Organisation zu stiften. Schwerpunkt meiner Leadership-Coachings ist, dass die Führungskräfte durch ihr Wirken einen grösseren Beitrag zur Wertschöpfung der Organisation leisten können. Hand aufs Herz, wie gut gelingt es Ihnen, Ihre Mitarbeitenden auf die wertschöpfenden Aktivitäten zu fokussieren? Lassen Sie uns gerne darüber auf LinkedIn oder in einem persönlichen Termin sprechen.
Im nächsten Blog zeige ich Ihnen, wie Sie sich und Ihre Führungskräfte mit einer simplen Frage auf wertschöpfende Aktivitäten ausrichten.